Das sechste Sternenmärchen
Das Märchen von der kleinen Prinzessin, die sich vor dem Einschlafen fürchtete
 
In einem kleinen Königreich auf einem winzigen Stern lebte einmal eine kleine Prinzessin. Tagsüber spielte sie im Garten, rannte mit den anderen Kindern, die am Hofe lebten, um die Wette und freute sich ihres Lebens. Abends jedoch lag sie ganz oft in ihrem Bett und fürchtete sich. Schon wenn die Schlafenszeit näherrückte, wurde sie unruhig. Woher diese Angst kam, konnte sich niemand erklären, am allerwenigsten sie selbst. Als sie noch ein Kleinkind gewesen war, hatte sie sich immer auf den Sonnenuntergang gefreut – und auf die Zeit danach. Mit größter Freude hatte sie tagsüber die Läden schließen lassen und mit ihren Stofftieren Nacht gespielt. Dabei hatte sie sich Gute Nacht-Geschichten für sie ausgedacht und ihnen von den Sternen erzählt. Eines Tages jedoch hatte sich dies geändert, ohne dass jemand den Grund dafür kannte. Seitdem fürchtete sie sich vor dem Schlafengehen und hasste die Dunkelheit.
 
Die kleine Prinzessin hatte Angst vor dem bösen Mann, der ganz bestimmt im Schrank auf sie lauerte und herauskommen würde, sobald sie einschlief. Sie hatte auch Angst vor dem Ungeheuer, das unter ihrem Bett kauerte und sie ganz bestimmt fressen wollte. Am meisten aber fürchtete sich die kleine Prinzessin seit jenem Tag vor dem Sturm, der draußen am Fenster vorbeistrich und tobte und heulte und die Läden klappern ließ. Deshalb musste ihr Vater jeden Abend an ihrem Bett sitzen und ihr die Hand halten. Und vorher musste er ihr versichern, dass sich im Schrank ganz bestimmt kein böser Mann versteckte. Er musste ihr jeden Abend aufs Neue schwören, dass unter dem Bett ganz bestimmt kein Ungeheuer lauerte.

Außerdem musste er ihr jeden Abend eine Gute Nacht-Geschichte erzählen, die so herzergreifend schön war, dass die kleine Prinzessin mit der Zeit all ihre Ängste vergaß und ihrem Vater so gebannt lauschte, dass sie sogar den Sturm vor ihrem Fenster nicht mehr hörte. Erst dann wurde sie langsam ruhig und fiel in einen tiefen Schlaf. Aber der Vater machte sich schreckliche ...